Das Land OÖ. hat am Kernmagazinplatz von 18. 10. 2018 bis 14. 11. 2019 eine Messung der Luftgüte durchgeführt.
Den Messbericht mit allen Zahlen und Diagrammen finden Sie hier.
Bei einer Luftgütemessung werden die Konzentrationen von bestimmten Luftschadstoffen gemessen.
In diesem Zeitraum wurden die Grenzwerte des Immissionsschutzgesetzes Luft (IG-Luft) und die Zielwerte des Ozongesetzes deutlich unterschritten.
Immisionen sind die auf Schutzgüter (Mensch-, Tier- und Pflanzenbestand, Lebensräume, Kultur- und Sachgüter) einwirkende Luftschadstoffe. Die Konzentration dieser Luftschadstoffe wird in Mikrogramm pro m³ Luft angegeben (1Mikrogramm = 0,001 mg).
Emissionen sind die von einer Quelle (z.B. Auspuff eines KFZ) an die freie Atmosphäre abgegebenen Luftschadstoffe.
Für die von vielen eher unerwartet niedrigen Konzentrationen an Luftschadstoffen trotz des hohen Verkehrsaufkommens gibt es im Wesentlichen drei Gründe:
Aussagekräftiger wären Grenzwerte für einen Zeitraum von 8 Stunden. Für die gemessenen Schadstoffe sind aber im IG-Luft keine 8 Stunden Mittelwerte vorgesehen.
Die Ansaughöhe zur Erfassung der Luftschadstoffe erfolgte ca. 3 m über Grund.
Diese Höhe wird aus baulich-technischen Gründen üblicherweise bei Luftgütemessungen verwendet und entspricht auch den Anforderungen der IG-Luftmesskonzeptverordnung. Laut Auskunft des Umweltbundesamtes sind keine Studien bekannt, wie sich die Konzentrationen der Luftschadstoffe ändern, wenn sich die Ansaughöhe auf 1,5 m (Einatemhöhe) reduzierte. Diese Höhe wäre auch nach der IG-Luftmesskonzeptverordnung möglich. Da aber die Grenzwerte weit unterschritten werden, würde auch eine Reduktion der Ansaughöhe von 3 m auf 1,5 m keine wesentliche Änderung bewirken.
Dass die Messstelle Hallstatt (interne Bezeichnung des Landes S254) im Vergleich zu den anderen österreichischen Messstellen zu den saubersten gehört, bedeutet aber nicht, dass durch die Konzentration der Luftschadstoffe unter dem Grenzwert gesundheitliche Effekte ausgeschlossen werden können.
Die Entstehung und Wirkung der gemessenen Luftschadstoffe sowie die Problematik der Grenzwertfindung werden im ausführlichen Kommentar behandelt, der in den nächten Wochen hier online gestellt wird.
Autor: Franz Kalchschmid
a.) Stickstoffmonoxyd (NO)
NO bildet sich aus dem Sauerstoff und Stickstoff der Luft bei hohen Temperaturen. Aus diesem Grund ist es immer ein (unerwünschtes) Begleitprodukt bei allen Verbrennungs- prozessen. Seine Entstehung kann nicht verhindert werden, weil normalerweise die Verbrennung von Brennstoffen (Holz, Kohle, Heizöl, Benzin, Diesel, Erdgas) bei hohen Temperaturen mit Luft erfolgt.
Da größere Mengen von NO an der Luft zu Stickstoffdioxyd (NO2) umgewandelt werden, ist über reine NO-Schäden wenig bekannt.
NO wird als minder giftiges Gas eingestuft.
NO wirkt im Gegensatz zu NO2 nicht Schleimhaut reizend.
Es hat eine erweiternde Wirkung auf die Blutgefäße und wird vom menschlichen Körper selbst hergestellt. Von außen zugeführte Mengen greifen in diesem Regelmechanismus ein und können stören.
NO wird bei Luftgütemessungen bestimmt; Grenzwerte für NO gibt es aber im IG-Luft nicht.
b.) Stickstoffdioxyd (NO 2)
NO 2 wird normalerweise nicht direkt emittiert, sondern entsteht aus NO mittels Oxydation durch Ozon und andere reaktive Bestandteile der Luft (Radikale). Wesentlich langsamer erfolgt die Umwandlung von NO zu NO 2 durch den Luftsauerstoff.
Im Gegensatz zu NO ist NO 2 ein stark giftiges Gas und wirkt reizend auf die Schleimhäute der Atmungsorgane. Die Reizwirkung anderer Luftschadstoffe wird zusätzlich verstärkt.
NO 2 ist weiters eine Vorläufersubstanz für die Entstehung von Feinstaub und Ozon.
NO 2 weist in der Atmosphäre nur eine kurze Lebensdauer auf und wird als Salpetersäure, die sehr gut wasserlöslich ist, mit dem Regen entfernt (sauer Regen). Des Weiteren wird auch eine Eutrophierung (Aufdüngung) des Bodens bewirkt.
c.) PM 10/PM 2,5
PM ist eine Abkürzung aus dem Englischen für Particular matter;
auf Deutsch: Feinstaub bzw. Feinststaub.
PM 10: Staubpartikel mit einem (aerodynamischen) Durchmesser
von 10 µm oder kleiner.
PM 2,5: Staubpartikel mit einem (aerodynamischen) Durchmesser von
2,5 µm oder kleiner.
In Diskussion sind auch ultrafeine Partikel Durchmesser kleiner oder
gleich 0,1 µm.
Feinstaub ist unsichtbar.
1 µm = 0,001 mm. Zum Vergleich: der Durchmesser eines menschlichen Haares beträgt ca. 100 µm.
Partikel gelangen entweder durch menschliche Aktivitäten oder durch natürliche Prozesse in die Atmosphäre (primäre Partikel).
Sekundäre Partikel werden aus meist gasförmigen Vorläufersubstanzen (NO, NO2, Ammoniak, Schwefeldioxyd etc. gebildet.
Die im globalen Maßstab mengenmäßig wichtigsten natürlichen Quellen
bzw. Prozesse, die zur Bildung primärer Partikel führen sind Meere (Seesalzpartikel) und Bodenerosion. Auch Emissionen von biologischem Material wie Mikroorganismen (Viren, Bakterien, Pilze), Sporen und Pollen stellen bedeutende Quellen primärer Partikel dar.
Die wichtigsten Quellen der durch menschliche Aktivitäten frei gesetzten primären Partikel sind die Verbrennung fossiler Brennstoffe und Emissionen aus dem Verkehr (Auspuff, Abrieb von Reifen, Bremsbelägen, Kupplung, Straßenabrieb).
Aus Verbrennungsprozessen werden im Wesentlichen PM2,5 Partikel mit einem hohen Anteil an ultrafeinen Partikeln emittiert (nicht sichtbarer Ruß aus dem Abgas von Dieselmotoren).
In der unteren Atmosphäre liegt die Anzahlkonzentration typischerweise im Bereich von 100 – 100.000 Partikel pro cm³ Luft.
Durch eine große Anzahl an Studien ist belegt, dass Partikel in der Umwelt auf Grund ihrer negativen gesundheitlichen Einwirkungen auf Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen als das derzeit wichtigste lufthygienische Problem anzusehen sind.
Feinstaub ist gesundheitsschädlicher als NO 2.
Im Unterschied zu früher wird heutzutage bei Risikoabschätzungen von Feinstäuben auf die Gesundheit im Allgemeinen PM 2,5 und nicht (mehr) PM10 zu Grunde gelegt. PM 2,5 gelangt tiefer in die Atemwege u. Lunge.
Ultrafeine Partikel lassen sich in der Leber, der Milz, dem Herzen, aber auch im Gehirn nachweisen.
d.) Ozon (O3)
Wenn hier vom Ozon die Rede ist, so ist damit ausschließlich das sogenannte bodennahe Ozon gemeint und nicht das Ozon in der Stratosphäre (so heißt der Teil der Erdatmosphäre in 12 – 50 km Höhe).
In der Stratosphäre befindet sich die Hauptmenge des atmosphärischen Ozons und schützt alle Lebewesen von der harten Ultraviolettstrahlung der Sonne.
Während in der Stratosphäre eher zu wenig Ozon vorhanden ist (Ozonloch), ist die Konzentration am bodennahen Ozon oft zu hoch.
Im Gegensatz zu den anderen Luftschadstoffen gibt es praktisch keine Ozonemittenten. Ozon entsteht aus sogenannten Vorläufersubstanzen, wie NO2 und Kohlenwasserstoffen, die auch teilweise vom Verkehr emittiert werden, unter dem Einfluss von Sonnenlicht.
Voraussetzungen für hohe Ozonkonzentrationen sind:
Deshalb werden auch die höchsten Konzentrationen von Mai bis August gemessen.
Weit entfernt von der wohltuenden Wirkung, die der „ozonreichen Waldluft“ in manchen Prospekten nachgesagt wird, ist Ozon in Wirklichkeit ein sehr giftiges und gefährliches Reizgas für die Schleimhäute der Atemwege. Es schädigt auch Pflanzen.
e.) Dieselmotoremissionen
Emissionen von Dieselmotoren gelten als krebserzeugender Arbeitsstoff (Grenzwerteverordnung 2018 BGBl. II 253/2001). Dieses Gesetz fällt zwar unter das Arbeitnehmerschutzgesetz und nicht unter IG-Luft, aber für Personen, die sich 8 Stunden neben der Fahrbahn zur Regelung des Verkehrs aufhalten, ist dies als eine auswärtige Arbeitsstelle im Sinne des Arbeitnehmerschutzgesetzes zu betrachten.
Krebserzeugende Arbeitsstoffe sind Arbeitsstoffe, die Krebs erzeugen können oder die Entstehung von Krebs fördern können.
Für krebserzeugende Arbeitsstoffe gibt es sogenannte TRK-Werte (Abkürzung für technische Richtkonzentration). Der Beurteilungszeitraum beträgt 8 Stunden. Die Einhaltung der TRK-Werte soll das Risiko einer Beeinträchtigung der Gesundheit vermindern, vermag dieses jedoch nicht vollständig auszuschließen. Nach dem Stand der Wissenschaft kann keine als unbedenklich anzusehende Konzentration angegeben werden.
Wenn auch auf Grund der Luftgütemessungen davon ausgegangen werden kann, dass der TRK-Wert unterschritten wird, so sind diese Personen doch einer höheren Konzentration an Luftschadstoffen ausgesetzt.
f.) Festlegung von Grenzwerten
Bei der Festlegung von Grenzwerten von Luftschadstoffen für die Bevölkerung orientiert sich die EU an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In diesen Leitlinien werden nicht Grenzwerte, sondern Richtwerte genannt. Zu Letzt hat die WHO ihre Leitlinien im Jahre 2005 aktualisiert; 2020 soll eine Neufassung erscheinen.
Abweichungen zwischen EU-Grenzwerten und den WHO-Richtwerten gibt es vor allem beim Feinstaub:
|
JMW |
JMW |
|
EU |
WHO |
PM 10 |
40 |
20 |
PM 2,5 |
25 |
10 |
NO 2 |
40 |
40 |
JMW = Jahresmittelwert, Angaben in µg/m³ Luft
Wie der Blick über die Grenzen zeigt, werden die Empfehlungen der WHO sehr unterschiedlich umgesetzt. In den USA geht man im Vergleich zur EU umgekehrt vor. Dort liegt der Grenzwert von PM 2,5 mit 12 µg/m³ nahe am Richtwert der WHO, der NO 2 Wert übersteigt aber den WHO-Richtwert mit 100 µg/m³ deutlich. Die Schweiz hat die Empfehlungen der WHO für Feinstaub übernommen und für NO 2 mit einem Grenzwert von 30 µg/m³ sogar unterschritten. Für Österreich gelten für Feinstaub
die EU-Grenzwerte, für NO 2 beträgt der Grenzwert 35 µg/m³ inklusive Toleranzmarge.
Bei der Festlegung von Grenzwerten in der EU spielen neben den Empfehlungen der WHO auch das aktuelle Belastungsniveau, die Erreichbarkeit der Grenzwerte und wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle.
Ein Problem besteht bei Luftschadstoffen ohne bekannte Wirkungsschwelle, wie es besonders bei Feinstaub offenbar der Fall ist. In diesen Fällen muss auch unterhalb dieser Grenzwerte mit gesundheitlichen Effekten gerechnet werden. Nach dem Vorsorgeprinzip wäre hier eine Reduktion der Grenzwerte bis in den Bereich der Hintergrundbelastung anzustreben.
Autor: Franz Kachschmid